From de.rec.fahrrad Thu Nov 24 14:01:29 1994 Newsgroups: de.rec.fahrrad From: SP_PA@sp.physik.uni-paderborn.de (Peter Alteheld)
Endlich ist es soweit. Nach langem Tippen habe ich meinen Radreisebericht um die Ostsee fertiggestellt. Er kommt als Neunteiler. Zunaechst mal hier eine stichwortartige Zusammenfassung Ich bin zwischen dem 21.7.94 und dem 26.8.94 (fast) um die Ostsee geradelt. Es war eine schoene Tour und das Wetter hat auch sehr gut mitgespielt. Wesentliche Punkte: ------------------- - Dauer: 37 Tage - Strecke: 4240 km Hamburg - Schleswig/Holstein - Daenemark (Grenze-Frederikshavn) - Norwegen (Moss-Ostby) - Schweden (Sorsjoern-Grisslehamn) - Aland-Inseln (Eckeroe-Mariehamn) - Finnland (Naantali-Helsinki) - Estland (Tallinn-Valga) - Lettland (Valka-Bauska) - Litauen (Salociai-Lazdijai) - Polen (Sejny-Kostrzyn) - Brandenburg - Berlin - Magdeburg - Hannover - Paderborn - Faehren: 1. Frederikshavn (DK) - Moss (N) ca. 60 DM 2. Grisslehamn (S) - Eckeroe (Aland, FIN) ca. 10 DM 3. Mariehamn (Aland,FIN) - Naantali (FIN) ca. 30 DM 4. Helsinki (FIN) - Tallinn (EST) ca. 40 DM - Visum: in Tallinn im Hafen fuer DM 50 in Reisepass gestempelt bekommen - schlimmste Panne: kaputte Felge (deutete sich in Lettland, in Riga neue Felge besorgt, musste in Masuren gewechselt werden) - guenstigster Campingplatz: Vaibla (EST) ca. 1 DM - preisWERTester Campingplatz: Krzyz (PL) ca. 1.80 DM - bester Kuchen: Daenemark - guenstigster Kuchen: Estland/Lettland (Stueck 10-25 Pfennig) - ich habe mich, obwohl ich allein geradelt bin, im Baltikum und in Polen stets recht sicher gefuehlt (ich habe auch von keinem Radler gehoert, der ausgeraubt wurde -- ich habe dort insgesamt ca. 30 Radler getroffen) - die schoensten Orte: Silkeborg (DK), Saerna (S), Aland, Somero (FIN), Pirita (EST), Jurmala (LV), Trakai (LIT), Augustow (PL) und Berlin (is ja auch ne Reise wert) - Aland = Radlerparadies (ausgearbeitete Radrundwege, viele Strecken, wenig Autos, Fahrradfaehren, 12 Campingplaetze auf wenigen Quadrat-km, wilde Erd- und Blaubeeren !)
HAMBURG: Ich bin am Hauptbahnhof gestartet und habe mich bis zur Aussenalster -------- durchgefragt. Auf deren westlicher Seite bin ich gen Norden geradelt. Direkt an der Alster gibt es laut BVA-Karte zwar einen Radweg, aber der ist nicht durchgehend ausgeschildert, teilweise recht schmal und unter einer Bruecke musste das Rad auch mal ueber 2 Treppen getragen werden. Nach ca. 2 Stunden hatte ich die Grossstadt dann hinter mir. Aber es dauerte noch laenger bis der Verkehr nachliess. Meine Strecke aus Hamburg heraus fuehrte ueber Poppenbuettel, Duvenstedt und Tang- stedt. SCHLESWIG-HOLSTEIN: Ich wollte moeglichst schnell nach Daenemark und hatte mir ------------------- daher auf der BVA-Karte ruhige, geteerte Wege im Landes- inneren ausgesucht (in der Hoffnung auf wenig Wind und wenig Verkehr). Hier fuehrte meine Strecke ueber Henstedt-Ulzburg, Kisdorf, Kaltenkirchen und Lentfoehrden zum ersten Campingplatz in Weddelbrook. Von dort ging es weiter ueber Kellinghusen, Hohenlockstedt, Peissen, Reher, Puls, Seefeld, Gokels, Luetjenwestedt, Oldenbuettel, Wrohm, Dellstedt, Pahlen, Erfde, Meggerdorf, Doerpstedt, Hollingstedt, Sollerup, Joerl, Lindewitt, Nordhackstedt, Schafflund, Medelby, Weesby, Boegelhuus und Nordmark zur deutsch-daenischen Grenze. Auf dem Campingplatz in Weddelbrook (bei Bad Bramstedt) hatte ich mein Zelt so gestellt, dass es am naechsten Morgen im Schatten stand und der Tau nicht trocknete. Das lehrte mich bei jeder Ankunft auf einem Zeltplatz erstmal den Kompass zu Rate zu ziehen und nach einem Platz Ausschau zu halten, der gen Osten frei ist. Besonders schoen empfand ich das Teilstueck kurz vor und kurz hinter dem Nord-Ostsee-Kanal bei Oldenbuettel (Schormoor und Dellstedter Moor), den ich gegen Mittag ueberquerte. Hier gibt es auch schoene abgelegene Bademoeglichkeiten (insbesondere an der Eider; bei dem hoch- sommerlichen Wetter haette ich sie wohl auch besser genutzt). In Treia habe ich die ersten beiden der vielleicht insgesamt 50 Stoerche auf meiner Tour gesichtet. Dort waren sie mir noch ein Foto wert. Zum Baden hat mich auch die Treene bei Treia (3 km NW von Silber- stedt) eingeladen (scheint ein Geheimtip zu sein). Schade, dass ich nicht mehr Zeit hatte. Ansonsten bot Schleswig-Holstein viel Landwirt- schaft, viele Windraeder und ein paar sanfte Huegel. Ich hatte mich etwas mit der Entfernung von Hamburg bis zur daeni- schen Grenze verschaetzt. Und ich wollte am zweiten Abend in Daenemark sein. Daher und aufgrund dessen, dass der von mir angepeilte Grenz- uebertritt bei Boegelhuus verboten war (Umweg ueber Nordmark nach Rens, ca. 10km), kamen am zweiten Tag 206 km zusammen.
Halloechen. Weiter gehts mit Teil 3. Der etwas seltsame Zeilenumbruch kommt durch ein mailnews-Programm zustande, das ich benutze (mein news-reader ist so ne primitive DOSe, die ueberhaupt nicht richtig will). JUETLAND: Jylland habe ich aus zwei Gruenden ziemlich in der Mitte durchquert: --------- erstens wollte ich starkem Wind aus dem Wege gehen und zweitens dem starken Verkehr. Dafuer erntete ich die juetlaendische, schweiss- treibende Huegellandschaft. Die Strecke hatte ich mir mit Hilfe der 1:200.000er Strassenkarte ausgesucht. Ich fuhr im wesentlichen auf den kleinsten, eingezeichneten Strassen und moeglichst geradewegs gen Norden (wie bereits in Schleswig-Holstein). Die Verpflegungsseite war in Daenemark optimal: hier gab es den leckersten Kuchen der ganzen Tour, die Baecker hatten selbst sonntags (bis 16.00 h) offen und es gab das Tuborg Bitter Lemon, das nicht so sauer ist wie das deutsche Bitter Lemon und nicht so suess, dass es den Durst nicht loescht, genau das richtige fuer das Hochsommerwetter mit Temperaturen ueber 30 Grad. Nach dem missglueckten Versuch bei Boegelhuus die Grenze nach Daene- mark zu ueberqueren, bin ich zum Grenzuebergang bei Rens geradelt. Da der naechste Campingplatz in Tonder nicht ganz in meiner Zielrichtung lag, habe ich mich dann fuer den etwa doppelt soweit von der Grenze entfernten Campingplatz in Arrild entschieden. Auf dem Weg dahin fuhr ich durch Logumkloster, das aufgrund seiner kirchlichen Bauwerke bekannt ist. Ich kam aufgrund der langen Tages- etappe (206 km) erst um 21.30 h in Arrild an. Auf dem grossen, ver- winkelten Campingplatz habe ich keine anderen Radler und keine Lands- leute bemerkt. Bereits am naechsten Tag machte ich Bekanntschaft mit dem nicht hohen, aber stark huegeligen Inland von Juetland. Bemerkenswert war der Ort Gram mit dem Schloss Gram Slot und ausgestelltem Walskelett. Bei dem Hochsommerwetter waren auf dem Lande sehr viele Bewaessse- rungsanlagen in Betrieb (mechanisch betriebene Spritzen die ganze Felder im Umkreis von 50...100 Metern nass spritzten). Ab und zu spritzten die Anlagen bis zur Strasse und ich konnte dann eine will- kommene Abkuehlung erfahren. Bei Velje kam von hinten ein Reiseradler in schnellem Tempo heran. Es war ein Belgier, dem ich mein Leid von den daenischen Huegeln erzaehlte, worauf er mir erwiderte, er sei am Nordkap gewesen und dies hier sei noch gar nichts gegenueber Norwegen. Als ich ihn dann darauf aufmerksam machte, dass er gerade Richtung Norden radelt, meinte er, er wolle nach Billund (vermutlich zum Legoland) und es waere hier alles besch...en ausgeschildert. Soweit zur ersten Begegnung mit meinesgleichen. Sehr schoen gefiel mir der See Farup So bei Jelling. Bei dem Hoch- sommerwetter haette man es dort sicherlich ein paar Tage aushalten koennen. Aber ich wollte schnell weiter. Dort war es zudem auch mal wieder besonders huegelig. Abends kam ich in Silkeborg an. Bereits kurz vor Silkeborg kommt man an wunderschoen gelegenen Badestraenden des Sees Brasso vorbei. In Silkeborg lagen viele Ausflugsboote vor Anker. Ein idyllisches kleines Staedtchen. Bestimmt auch ein paar Tage Aufenthalt wert. Der Camping- platz Silkeborg So lag ca. 2 km oestlich vom Zentrum am Silkeborg Langso. Hier benoetigte ich, anders als in Arrild einen daenischen Campingausweis, den ich dann fuer 24 DKr (ca. 6 DM) bekam. Hier traf ich ein reiseradelndes Paar aus der Naehe von Emmen (NL), die von zuhause losgeradelt waren. Der Campingplatz liegt direkt am See und man kann dort auch Kanus mieten. Am naechsten Morgen war das Seidenhemd, das ich zum Trocknen auf mein Fahrrad gelegt hatte, nicht mehr da. Das war das einzige Mal auf der ganzen Tour, das mir etwas abhanden gekommen ist. Weiter ging es durch das huegelige Juetland ueber Resenbro und Bjerringbro nach Hobro, wo ich mit dem Mariagerfjord das erste Mal in Kontakt mit der Ostsee kam. Kurz vor Hobro in Sonder Onsild hatte ich ein aelteres, daenisches Paar getroffen, die in Kopenhagen losgeradelt waren. Obwohl sie aus Hobro stammte, konnte ich ihnen noch eine Abkuerzung ueber Norre Onsild nach Hobro zeigen. Eine gute Karte ist was wert (wenn ich da blos an die Brandenburger BVA-Karte denke, aber das kommt spaeter). In Hobro war ich das ewige Auf und Ab Leid und bin dann in nordoest- licher Richtung auf Hals zugefahren, wo ich mit der Faehre ueber den Langerak, den oestlichen Zufluss zum Limfjord, uebersetzen musste. Hier stiess ich auf den puren Tourismus: Campingplatz an Campingplatz, Radwege gefuellt mit Radlern, die nicht nach vorn schauen, Souvenirlaeden etc. Der groesste Teil der hier fahrenden PKW hatte Kennzeichen aus den neuen Bundeslaendern. Nach 20 weiteren Kilometern stellte ich an einer Informationstafel fest, dass es den in der Skandinavien-Karte in Saeby eingezeichneten Campingplatz wohl nicht mehr gibt und ich am besten 4 km zurueck zum Campingplatz in Asaa radle. Dort konnte ich schon direkt einen Platz auf der Faehre von Frederikshavn nach Moss reservieren. Hier traf ich Roland und Elke aus Essen, die den daenischen, ausgeschilderten Radrouten folgten. Was sie mir davon berichteten (viele sandige Wege, die stellenweise nicht einmal mit breiten Reifen befahrbar sind), nahmen mir die Befuerchtung, durch Nichtbefahren dieser Routen etwas verpasst zu haben. Zwei Tips habe ich von den beiden bekommen: erstens kann man die Zeltleinen am Fahrrad verspannen (dadurch hat man einer- seits eine Waescheleine und anderseits bekommt man dadurch evtl. mit, wenn sich nachts jemand am Fahrrad zu schaffen macht); zweitens Flusen- handtuecher statt Frotteehandtuecher verwenden, weil erstere wesentlich schneller trocknen. Von Asaa waren es nur noch etwa 30 km bis Frederikshavn. Dort versorgte ich mich noch mit reichlich Kuchen und Getraenken fuer die Fahrfahrt. Auch Ersatzspeichen besorgte ich mir dort noch, da ich jene zuhause vergessen hatte (eine davon kam dann ja schliesslich noch in Berlin zum Einsatz). Um 17.00 h legte dann endlich die Faehre nach Moss ab. Die Motor- und Fahrraeder wurden in drei Parkbuchten auf der Faehre untergebracht. Die Faehrfahrt (eine Person, eine Richtung, ein Fahrrad) kostete 250 DKr (ca. 62 DM). Bis ca. 21.00 h konnte ich es auf dem Achterdeck aus- halten. Dann wurde es mir doch zu kuehl.
NORWEGEN: Ich hatte urspruenglich geplant die suedliche Kueste Norwegens --------- von Kristiansand bis Oslo abzuradeln. Aber ich hatte nicht genug Zeit dafuer, da ich einerseits meine Promotionspruefung erst eine Woche vor dem Start hatte und Wolfgang, den ich in den schwedi- schen Bergen in Naesfjaellsasen besuchen wollte, nur noch bis zum 31. Juli dort blieb. Daher hatte ich mich entschieden, mit der Faehre nach Moss zu fahren, von dort zum Fluss Glomma und daran entlang ca. 300 km stromaufwaerts bis Elverum zu radeln und dann gen Osten in die Berge nach Schweden abzubiegen. Die Faehre aus Frederikshavn kam um Mitternacht in Moss an. Die Aus- fahrt war eine kitzlige Angelegenheit: man fuhr in ca. 12 Meter Hoehe aus der Faehre heraus auf einen Anleger, der aus grobmaschigen Rosten bestand. Beim Blick nach unten konnte einem mulmig werden. Zwei Campingplaetze hatte ich zur Auswahl: einen 9 km gen Sueden und den anderen 6 km gen Nordwesten auf die Moss vorgelagerte Insel Jeloey. Beides lag nicht in meiner Zielrichtung. Obwohl nach meiner Karte die Strecke nach Nes auf Jeloey huegeliger aussah, entschied ich mich fuer diesen Campingplatz (auf der Faehre hatte ihn mir auch ein Norweger empfohlen). Als ich nach ca. 30 min Nachtradelei dort ankam, schien niemand da zu sein. Kurz spaeter kam jedoch noch ein Wohnmobil von der Faehre dort an. Daraufhin erschien dann doch noch ein Platzwart, der uns einwies. Mit den Wohnmobilisten aus Neumuenster habe ich dann noch um halb zwei einen Rotwein getrunken, der einen so richtig muede machte. Wie ich dann am naechsten Tag die 185 km nach Kongsvinger geschafft habe, bleibt mir ein Raetsel. Zunaechst musste ich aus Moss rauskommen. Das ist gar nicht so ein- fach, denn eigentlich hatte ich ein paar km auf der Hauptstrasse nach Oslo eingeplant. Aber die war fuer Radfahrer gesperrt. Und keinerlei Hinweise wie Radfahrer nach Valer kommen sollten. Und das am fruehen Morgen ! Nach einer halbstuendigen Irrfahrt war ich schliesslich auf dem richtigen Weg. Das erste Elch-Warnschild liess dann auch nicht lange auf sich warten (ob es in Skandinavien ueberhaupt Elche gibt ? ich hab keinen gesehen). Der Weg zum Oyeren-See ueber Ringvoll und Tomter erwies sich als huegelig, obwohl es nie ueber 300 oder 400 m ging. Direkt am Oyeren wurde es am schlimmsten. Den See habe ich noerdliech ueber Lillestroem umfahren, wo man schon die Auswirkungen von Oslo's Autoverkehr mitbe- kommt. Dann war ich endlich am Glomma. Aber flach wurde es dadurch immer noch nicht. Erst ca. 50 km stromaufwaerts ab Arnes war es flach. Aber dafuer bis Elverum ! Am Glomma war gerade Erdbeer-Erntezeit und dementsprechend lag oft der Duft in der Luft. Am spaeten Nachmittag ist mir der vordere Schalt- zug angerissen. Vorsichtshalber habe ich dann vorn nicht mehr geschal- tet - dabei war es doch jetzt endlich flach. In Skarnes habe ich nach ca. 150 km um kurz vor 19 Uhr noch in einem Supermarkt einkaufen und damit das Abendessen sichern koennen. Der naechste Campingplatz lag 8 km in der falschen Richtung, so dass ich mich entschied bis nach Kongsvinger (ca. 30 km) weiterzuradeln. Aber der dortige Campingplatz lag dann auch 7 km abseits von meiner Route. Ueberraschenderweise traf ich hier weder andere Radler noch andere Deutsche. Am naechsten Morgen wechselte ich den Schaltzug und besorgte mir in Kongsvinger zwei neue Reservezuege. Kurz hinter Kongsvinger erwisch- ten mich die ersten Regentropfen. Aber der Nieselregen hielt nur zwei Minuten an. Bis zu den Aland-Inseln sollte es trocken bleiben. Zwischen Kongsvinger und Elverum habe ich die kleinere der beiden Strassen ge- nommen (Westseite). Elverum erreichte ich nach etwa 100 km am fruehen Nachmittag. Dort warf ich einen Blick in das Norwegische Forstwirt- schaftsmuseum. Beim Tourismusbuero in Elverum erfuhr ich, dass es kurz vor Nyberg- sund einen Campingplatz gibt. Dorthin waren es noch 60 bergige Kilo- meter mit einigen langen Anstiegen. Aber nach etwa 4 Stunden hatte ich auch die hinter mich gebracht. Auf dem Campingplatz, der hinter einem Strassenrestaurant liegt, waren ausser mir nur noch zwei schwedische Familien. Hier blieb es erstaunlich lange hell. Um 23.30 h hatte ich noch keine Probleme im geschlossenem Zelt zu lesen. In Nybergsund ueberquerte ich den Trysilselva, der weiter flussab- waerts in Schweden Klaraelven heisst. Von dort ging es ca. 5 km und 400 Hoehenmeter bergauf, was aber mit einer schoenen Aussicht belohnt wurde. Auch auf den letzten 50 km bis zur norwegisch-schwedischen Grenze habe ich keine anderen Reiseradler getroffen. Die Grenze selbst bestand aus einem Gedenkstein, einem gelb angepinselten Steinhaufen und zwei Tafeln fuer Autofahrer (kein Mensch weit und breit).
SCHWEDEN: In Schweden habe ich den kuerzesten Weg zwischen Naesfjaellsasen --------- an der norwegisch-schwedischen Grenze bei Saerna und dem Faehrhafen Grisslehamn genommen. Grisslehamn ist der den Aland-Inseln naechst- gelegenen schwedische Faehrhafen. Ich dachte, es waeren ca. 350 km und zur Kueste hin flach. So erlegte ich mir das Ziel auf, die Strecke in drei Tagen zu bewaeltigen. Es stellte sich jedoch heraus, dass es 480 km sind und es bis zur Kueste huegelig ist. So wurden die drei Tage doch etwas anstrengender als erwartet. Die Strecke fuehrte somit ueber Asen, Aelvdalen, Mora, Leksand, Falun, Hofors, Storvik, Arsunda, Soederfors, Tierp, Oesterbybruk, Hallstavik nach Grisslehamn. Nachdem ich die Grenze zwischen bei Grundforsen (zwischen Oestby und Fulunaes) ueberquert hatte, habe ich vergessen gleich in Grundforsen Geld zu tauschen. Der naechste Ort Fulunaes bestand dann nur aus drei Huetten. Und im darauffolgenden Soersjoen hatten alle Geschaefte wegen Mittagsruhe geschlossen. Da habe ich mich dann auf den Weg nach Nasfjaellsasen gemacht. Das ist eine Ansammlung von Huetten in einem Wintersportgebiet etwa 8 km westlich von Soersjoen auf etwa 800 m Hoehe. Diese 10 km waren wohl die anstengendsten der ganzen Tour: erstens bestand der Weg aus Schotter, zweitens war der Schotter von Schneeraupen so festgefahren, dass eine panzerspuraehnliche Querriffelung eingepraegt wurde und drittens ging es auf diesen 10 km ca. 500 Hoehenmeter bergauf. Trotz Untersetzung und Imsattelsitzenbleiben bin ich oefters durchgerutscht. Das zehrte so an den Kraeften, das ich in der 3/4 Stunde mehr Pausen machen musste, als in den 4 Stunden vorher. Gluecklicherweise schlug ich 2 km vor dem Ziel die richtige Richtung ein, obwohl auf dem dortigen Wegschild nur etwas von Naesfjaellstuga und Naesfjaellet aber nichts von Naesfjaellsasen stand. In Naesfjaellsasen habe ich dann Wolfgang, seine Freundin Sandra, ihren Bruder Gerald und dessen Freund Markus besucht. Sie waren bereits ueber zwei Wochen dort und verbrachten ihren Urlaub in einer dieser komfortabel eingerichteten Winterhuetten. Einziges Manko daran war, dass sie fuer den Sommer keine Moskitonetze vor den Fenstern hatten und abends alles verriegelt werden musste. Da die vier am uebernaechsten Tag nach meiner Ankunft abreisen mussten, blieb ich nur zwei Naechte dort. Aber zur Erholung reichte es allemal. Ich konnte essen ohne Ende und mich entspannen. Am freien Tag sind wir zum Fjatfallen, einem Wasserfall kurz vor der Muendung des Fjaetaelven in den Oesterdalaelven, 2-3 km oestlich von Saerna, gefahren. Dieser erstreckt sich ueber mehrere Stufen ueber etwa 50 Meter Laenge und 30-40 Meter Breite mit Strudeln und Wannen und kleineren Faellen. Aber das Beste daran war eigentlich die Wassertemperatur. Das hochsommerliche Wetter hatte das Wasser auf etwa 20 Grad aufgeheizt ! Genau das richtige um einen Nachmittag drin zu planschen. Am Tag drauf war grosser Aufbruch, da Wolfgang, Sandra, Gerald und Markus abends die Faehre von Oslo nach Kiel erreichen mussten. Ich setzte mir als Tagesziel den Siljan-See. Auf den ersten 50 km durch Soersjoen, Nornaes, Lovnaes nach Hallstugan konnte ich noch einmal die mittelschwedische Gebirgsvegeta- tion geniessen: bemooste Steine, niedrig geratene Nadelbaeume und auch Sumpflandschaft. Nach Hallstugan gabs eine erfrischende Abfahrt von ca. 6-8 km Laenge. Kurz vor Aelvdalen hatte ich mich noch gefreut gut im Zeitplan zu liegen, mitten in Aelvdalen gabs dann den ersten von drei Platten auf der Tour. Hier hat mich der Schlauchwechsel noch fast 60 Minuten gekostet, da ich mit den zwei Unterlegscheiben auf der Zahnkranzseite durcheinanderkam (gehoerten sie beide nach innen oder nicht). Unerwartet huegelig war dann auch die Strecke am Oesterdalaelven entlang von Hallstugan ueber Aelvdalen bis nach Mora am Siljan-See. Nach dem Ruhetag (vollster Magen), dem Platten und den Bergen hatte ich dann nach 135 km keine Lust mehr und kehrte auf dem Campingplatz in Solleroen, einer Insel im Siljan-See, ein. Hier konnte man mal wieder herrlich baden. Hier traf ich Andrea, eine alleinradelnde Studentin aus Muenster. Sie war in Trelleborg in Schweden gestartet und war in ge- muetlicheren Etappen soweit nach Norden gelangt. Mit einem Pluesch-Elch vor der Lenkertasche hat sie die Elche hervorgelockt, die ich nie zu Gesicht bekam. Schade, dass sie in Gegenrichtung unterwegs war. Ueber einen Radelpartner und sei es nur fuer einen halben Tag haette ich mich gefreut. Am naechsten Morgen traf ich nach 20 km ein radelndes Paar aus Oesterreich, die mit dem Wohnmobil angereist waren, dass sie irgendwo stehen gelassen hatten (sie wollten den Siljan umrunden). Auf einer verkehrsarmen, als geteert eingezeichneten Route (von Insjoen ueber Rexbo nach Smedsbo) wollte ich von Leksand nach Falun ge- langen. Die Strecke war sogar mit dem Radwegweiser Sverigeleden ver- sehen. Aber die Strecke stellte sich als Schotterstrecke heraus (an einigen Stellen schimmerte noch Teer durch, aber der muss wohl vor 50 Jahren gelegt worden sein). Das einzig positive an dieser Strecke waren zwei schoene Seen, die zum Baden einluden. Die Autos schienen hier mit ungeheuerlichen Geschwindigkeiten zu fahren: Steine flogen durch die Luft und Staub wurde hochgewirbelt. Aus den Bergen fuhr ich nach Falun hinunter, das am nordwestlichen Ende vom Runn-See liegt. Ueber der Stadt ragen zwei riesig wirkende Skisprungschanzen in die Luft. In der hochsommerlichen Hitze hatte Falun aber nicht viel zu bieten. Gluecklicherweise fand ich an diesem Sonntag einen offenen Supermarkt und konnte mal wieder meine Trinkfla- schen auffuellen. Aus Falun war es schwierig herauszukommen, da aehn- lich wie in Moss in Norwegen auf der Hauptstrasse das Radeln verboten war, und die Radwege weit entfernt von diesen Strassen und ohne Beschilderung gefuehrt wurden. Nach dem Drama mit der Schotterstrecke vor Falun hatte ich genug von den als geteert gekennzeichneten Nebenstrecken und bin auf der Haupt- strasse weiter nach Hofors und Storvik gefahren. Unterwegs ist mir eine schwedische Familie auf zwei vollbepackten Tandems entgegengekommen. Einige km hinter Falun bekam ich das erste Mal seit Elverum wieder groessere landwirtschaftlich genutzte Flaechen zu sehen. Ich hatte also das Hochland verlassen. In Storvik kurz vor Sandviken bin ich dann rechts abgebogen, um zum Campingplatz in Arsunda am Storsjoen-See zu gelangen. Hier roch es im Wald sehr fruchtig, aber statt herauszufinden was es war, war mein Interesse groesser endlich den Campingplatz zu er- reichen, denn ich hatte schon ueber 150 km in den Beinen und der Abend naeherte sich. Auf dem Campingplatz waren keine anderen Radler, ein autofahrendes Paar aus Thueringen war im Zelt gegenueber. Auch dieser See war ein ausgiebiges, erfrischendes Bad wert und danach konnte ich noch einen bezaubernden Sonnenuntergang ueber dem See fotografieren. Auf der dritten Etappe in Schweden hatte ich mich mal wieder mit der Entfernung verschaetzt: statt der erwarteten ca. 125 km waren es 174 km (warum hat die Karte auch in der Mitte der Etappe eine Faltung ?). Und anstatt, dass es flacher wurde, blieb es so huegelig. Um auf kuerzestem Weg nach Grisslehamn zu kommen, musste ich wieder auf kleiners Strassen ausweichen, die aber gluecklicherweise alle in gutem Zustand waren. In der Mittagszeit kam ich bei Soederfors ueber den Dalaelven, der hier eine Breite von mehreren hundert Metern hat und sich in zahlreichen Seitenarmen veraestelt, auf denen man sehr schoen Kanu fahren kann. Nach etlichen weiteren Doerfen und hier inzwischen viel Landwirt- schaft erwischte mich bei Pettbol ca. 30 km vor dem Tagesziel in Bergby der zweite Platten. Da ich bereits 150 km intus hatte und es schon kurz vor 19 Uhr war, habe ich mich mit mehrfachen Nachpumpen bis Bergby durchgeschlagen. Alle 3 bis 4 km war Pumpen angesagt, insgesamt ca. 10 mal. Bei dem Schlauchwechsel am naechsten Morgen stellte ich dann fest, dass das Loch an einem Flicken war - ich hatte also den Schlauch, den ich in Aelvdalen eingesetzt hatte, nicht richtig geflickt. Kurz vor Bergby in Haeveroe habe ich mich an der Tankstelle mit reichlich Schokolade versorgt, damit ich die auf dieser Tagesetappe verbrauchte Energie mir wieder anessen konnte. Da auf dem Campingplatz und an der Rezeption im benachbarten Hotel niemand da war, liess ich mich einfach irgendwo auf dem Campingplatz nieder. Hier waren nur schwedische Wohnwagen und selbst mit Englisch haperte hier die Kontaktaufnahme. Am naechsten Morgen ging es nach ca. 5 km mit der Faehre ueber den Ortalaviken zur Insel Vaeddoe. Nach weiteren ca. 10 km war ich endlich in Grisslehamn. Praktischerweise fuhr die naechste Faehre zu den Aland- Inseln ca. 30 Minuten nach meiner Ankunft. Sie faehrt im Sommer fuenfmal am Tag und kostete mich ca. 10 DM. Das Rad musste ich hier mittschiffs neben den Autos an der Aussenwand abstellen.
ALAND-INSELN: Ich erreichte die Aland-Inseln nach zweistuendiger Ueberfahrt, ------------- obwohl im Infoblatt der Reederei stand, dass die Faehre um 11.30 ablegt und erst um 14.30 ankommt. Den Grund fuer diese Unstimmigkeit fand ich aber erst einen Tag spaeter heraus: Aland gehoert zu Finnland und ist eine Stunde weiter als Schweden. Nachdem ich mich mit finnischem Geld und Essen versorgt hatte, habe ich mich auf dem Weg zum Campingplatz gemacht. Dort waren gerade zwei finnische Maedchen per Rad angekommen, aber sie waren nicht sehr kontaktfreudig. Wie ich naemlich danach feststellte wimmelte es hier nur so von Radfahrern: Jugendliche aus Stockholm und aus Finn- land. Aland ist ein Radlerparadies, hier fallen im Sommer Unmengen von Radlern ein. Und bei solch einer Haeufung spricht man eben nicht mehr miteinander. Na, dann habe ich mein Zelt erst mal aufgebaut und bin das erste Mal auf dieser Tour in der Ostsee baden gegangen. Abends habe ich noch mit zwei Schwedinnen aus Soedertaelje geplaudert. Sie erzaehlten mir von der Moeglichkeit mit Fahrradfaehren Rundtouren zu fahren. Den naechsten Tag wollte ich ruhig angehen lassen und wollte eine Rundtour mit Fahrradfaehre durch den Nordwesten der Hauptinsel und die Mitte Alands bis nach Mariehamn unternehmen. Unterwegs fielen mir die vielen Radwegweiser auf. Und dann roch es im Wald wieder so fruchtig wie bereits zwei Tage vorher in Schweden. Diesmal habe ich angehalten und nach der Ursache geforscht: es waren reife Walderbeeren und Blau- beeren, mit denen ich mir dann den Magen vollschlug. Kurz danach kam ich an einer alten russischen Befestigung vorbei, die die Russen im 1.Weltkrieg zur Verteidigung vor deutschen Angriffen angelegt hatten. Am Fahrradfaehrhafen in Skarpnato angekommen, stellte ich fest, dass die naechste Faehre nach Finnoe erst in drei Stunden ab- legte. Da ich zu dem Zeitpunkt schon in Mariehamn sein wollte, fuhr ich die letzten 15 km zurueck. Dort erwischte mich dann der erste Regen- schauer der Tour: nach 10 Minuten war ich patschnass, aber eine halbe Stunde spaeter schon wieder vom neuen Sonnenschein getrocknet. Mariehamn, der Hauptort Alands ist ein huebsches kleines Staedtchen auf einer Landzunge, die gerade mal 2 km breit ist (Einwohnerzahl ca. 10.000). Beim Postamt besorgte ich mir ein paar alaendische Briefmarken und bin dann zum Campingplatz geradelt. Der war wiederum proppevoll mit schwedischen und finnischen Jugendlichen. Ein finnisches, radelndes Paar klagte mir dort ihr Leid, dass sie hier mit ihrem Finnisch nicht verstanden wuerden, weil die Alaender Schwedisch sprechen. Am naechsten Morgen bin ich noch durch Mariehamn getourt und habe mir das Staedtchen noch angeschaut und einige Fotos geschossen. Mittags bin ich dann zum Faehrhafen, um die Faehre nach Naantali zu nehmen, das hier als Nadendal (Schwedisch) bezeichnet wurde. Die Ueberfahrt kostete ca. 30 DM, dauerte ca. 6 Stunden und war eine nicht enden wollende Kurverei zwischen Hunderten kleiner Inselchen. Auf dem Achterdeck habe ich mir einen Sonnenbrand auf dem Bauch geholt. FINNLAND: In Naantali auf dem Campingplatz habe ich dann Holger aus Bremen ge- --------- troffen, der ebenfalls auf der Faehre war. Er war morgens in Kapellskaer(Schweden) eingestiegen, hatte sein Rad am anderen Ende der Faehre stehen gehabt und sich den ganzen Nachmittag am kalten Buffet festgehalten. Holger hatte seine Promotionspruefung nur ein paar Tage vor mir gehabt, in Geschichte in Bremen. Wir schlugen unsere Zelte gegenueberliegend auf und erzaehlten uns bei Tee unseren bisherigen Raderlebnisse. Am naechsten Morgen sind wir gemeinsam nach Turku (Schwedisch: Abo) geradelt (ca. 20 km) und haben nach viel Suchen auch das Stadtzentrum gefunden (die Hauptstrasse war mal wieder fuer Raeder gesperrt - wie bereits in Moss und Falun. Dort war gerade eine Art Kirchentag und recht viel los. Mittags haben wir uns dann dort getrennt, weil Holger auf dem direkten Weg nach Helsinki wollte und ich etwas weiter in das Landesinnere fahren wollte. Bis nach Somero und nach Hovikari zum Campingplatz bot die Land- schaft nicht viel Neues: Wald, viel Landwirtschaft, ein schoener Fluss, sanfte Huegel. Abends am Campingplatz war ich allein. Der Campingplatz lag an einem Steilhang am Painio-See, der gerade die richtige Tempera- tur zum ausgiebigen Baden hatte. Am naechsten Morgen ging es weiter Richtung Helsinki. Die Strecke erwies sich als unerwartet huegelig (so wie bereits Mitte Jylland und die schwedische Kueste). Ab ca. 30 km vor Helsinki kam ich an vielen Seen vorbei, die von den Helsinkiern als Badeseen genutzt wurden; ein Stueck weiter begann ein breiter Radweg neben der Strasse und kurz darauf als ich einen Radler ueberholen wollte, sprach er mich an: Risto aus Helsinki lud mich zu einem Bier ein, zeigte mir einen preiswerten Supermarkt, der samstagnachmittags offen hatte, seine Stammkneipe, die Helsinkier Innenstadt, den Faehrterminal im South Harbour (wo wir erfuhren, dass ich das Visum fuer das Baltikum in Tallinn im Hafen fuer 150 Finnmark, etwa 50 DM, bekommen kann) und dann hat er mich noch zu dem schwer zu findenden Campingplatz in Rastila ca. 9 km oestlich vom Hafen gefuehrt. Auf dem Campingplatz habe ich einige Radler getroffen: Bernd aus Berlin, der bereits durch Polen und das Baltikum geradelt war und mir mitteilte, dass ich mir keine Befuerchtungen wegen Kriminalitaet machen muesste (Radfahrer wuerden nicht ausgeraubt) und mich zu sich nach Berlin einlud. Eine Braunschweiger Alleinradlerin um die 55, die gerade mit dem Finnjet angekommen war und zum Nordkap wollte. Sie er- zaehlte, vor 5 Jahren haette sie die Kinder aus dem Haus gehabt und haette dann erstmal studiert. Nachdem sie das beendet hatte, wollte sie nun die weite Welt sehen. Da ihr Mann schwerbehindert sei, muesste sie alleine radeln. Da sie wie eine typische Hausfrau und Mutter aussah, hatte ich die Befuerchtung, dass sie nach 20 km entkraeftet vom Rad steigt. Aber weit gefehlt: da erzaehlte sie, dass sie letztes Jahr 6 Wochen mit dem Rad in Island war. Dort sei es richtig schoen gewesen. Gestoert haetten nur die jungen deutschen Radler, die gleich beim ersten Schneetreiben in die nur fuer Notfaelle gedachten Notunter- kuenfte aufsuchten. Am Sonntagmorgen habe ich mich beeilt und habe sogar die erste Faehre um 10 Uhr nach Tallinn erwischt. Die kostete umgerechnet etwa 40 DM.
ESTLAND: Nach etwa 4 Stunden Faehrfahrt erreichte ich am sonnigen Sonntag- -------- nachmittag Tallinn (ich war der einzige Radler an Bord). Im Tallinner Hafen habe ich mir das Visum besorgt; dazu musste ich gleich mein Fahrrad samt Gepaeck unbeaufsichtigt vor dem Abfertigungs- gebaeude stehen lassen (da habe ich doch etwas ums Rad und Gepaeck gebangt - aber es ist nichts abhanden gekommen). Mit dem 1:300.000er Stadtplan war die Orientierung in Tallinn nicht ganz so einfach, aber trotzdem war ich nach einer Viertelstunde in der Talliner Altstadt. Die war sehr schoen erhalten. Sie gefiel mir besser als spaeter die Altstaedte von Riga und Vilnius. Hier habe ich erstmal einen Reisefuehrer fuer das Baltikum fuer umgerechnet 7 DM erstanden, der sprachlich zwar ziemlich daneben war (z.B. Wort-fuer-Wort-Ueber- setzungen ohne Ruecksicht auf Grammatik), aber sehr informativ (Innen- stadtplaene und Hotels, Land und Leute). Nach dreistuendiger Altstadtberadelung habe ich mich auf dem Weg zum Campingplatz in Pirita gemacht. Es ging am Strand entlang (auf dem einzigen Radweg, den ich im Baltikum gesehen habe), von dort hatte man stellenweise einen guten Blick auf den Tallinner Hafen. In Pirita war der Segelregattahafen der Olympiade in Moskau 1980. Von dort waren es noch 3 km zum Campingplatz, an dem ich zuerst vorbeigeradelt bin, weil er nicht direkt als solcher erkennbar ist - er ist direkt unter dem Tallinner Fernsehturm (dem einzigen Punkt, von dem man in Estland bei gutem Wetter das finnische Festland sehen koennen soll - bzw. aus der Kanzel, in der das Galaxy Restaurant untergebracht ist). Der Campingplatz war recht klein (100 mal 200m und mit vielen Huetten drauf. Im Westen von Tallinn soll es noch einen Campingplatz am Strand geben, aber der war auf meiner Karte nicht eingezeichnet. Fuer die sechs folgende Tage sollte das der einzige Ort bleiben, an dem ich heiss duschen konnte. Hier war eine interessante Atmosphaere: die wenigen, die da waren, sprachen alle miteinander und tauschten ihre Erfahrungen und Informati- onen aus. So konnte ich auf meiner Karte auch noch einige Camping- plaetze nachtragen. Ein Paar aus Sueddeutschland, das mit einen Bulli unterwegs war, war sogar auch dem Bernd, den ich in Helsinki auf dem Campingplatz getroffen hatte, auf der estnischen Insel Saaremaa begegnet. Kleine Welt hier. Hier ging es international zu: zwei Austra- lierinnen, ein paar Finnen, ein Franzose, aber in der Mehrheit doch Deutsche. Beim abendlichen Blick auf die Karte habe ich einen Schreck be- kommen: ich dachte, die naechste Tagesetappe bis zum See Voertsjaerv laege bei 150 km, aber bei genauem Hinsehen habe ich festgestellt, dass sie bei 200 km liegt. Daher bin ich am naechsten Morgen frueh aufge- standen und bereits um 9 Uhr losgeradelt. In Tallinn habe ich noch ein Marburger Paar getroffen, das gerade mit der Faehre aus Travemuende angekommen war und Richtung Narva in den Nationalpark radeln wollte. Im Stadtzentrum waren alle Hauptstrassen gesperrt. Wahrscheinlich mussten wohl ein paar hochrangige Staatsmaenner durch die Stadt gekurvt werden. Das war sehr gut, da hatte ich naemlich die leergefegten Strassen fuer mich allein (keine Autos, keine Strassenbahn, aber Radler durften). Nach einer halben Stunde war ich auf der Landstrasse, die nach Rapla fuehrte. Mir scheint, dies ist eine der wenig befahrensten Nord-Sued-Routen, die geteert sind. Die Strasse war gut geteert und wies keine Schlagloecher aber auch keine Fahrbahnmarkierungen auf. Der Fahrbahnrand war etwas arg ausgefranst (nicht gerade, variierte staen- dig um 20-50 cm). Nord- und Mittelestland stellten sich als flach wie Friesland heraus. Es war Hochsommerwetter und windstill. So schaffte ich die 68 km bis Rapla problemlos in 3,5 Stunden. Hier habe ich mich in ein klei- nes Bistro gesetzt und mir 2 Stueckchen Kuchen und eine Cola gegoennt. Sofort sprach mich Urmas, der am Nachbartisch sass, an. Da er aber nur Estnisch konnte, war die Verstaendigung sehr schwierig. Mit Hilfe anderer konnte ich ihm dann klar machen, dass ich mit dem Rad aus Deutschland kam und dass ich, obwohl ich Deutscher bin, kein Bier trinke (da war er baff !). Kurz danach erschien Anu, die fuer die Lokalzeitung arbeitete und gleich einen Artikel schreiben wollte und mich dementsprechend ausfragte und dann auch noch einen Fotografen holte. Nach der etwas laenger als geplant geratenen Pause habe ich mich wieder auf den Weg gemacht. In Tueri (50 km hinter Rapla) habe ich an einem Kiosk meinen Pro- viant wieder aufgefuellt. Dort wurde ein Getraenk verkauft, das Kali hiess (sprich: Koli). Ein Glas davon kostete umgerechnet 6 Pfennige. Es schien aus gegaertem Getreidesaft hergestellt zu sein und schmeckte malzbieraehnlich. Ein paar Kindern, die dort sassen, habe ich noch ein paar finnische Schoko-Riegel zukommen lassen und bin dann weiter- geduest. Es ging weiter gen Sueden - nach ca. 170 km erreichte ich Viljandi und habe mich dort wieder mit Verpflegung eingedeckt. Die letzten 25-30 km auf dieser laengsten Tagesetappe (212 km) wurden auch noch huegelig; ein Storch trottete noch gemuetlich vor mir ueber die Strasse und der auf der Karte eingezeichnete Campingplatz Hooalaa schien nicht zu existieren. Gluecklicherweise war auf der Karte noch ein Platz 6 km weiter eingezeichnet. Um zu diesen zu kommen, musste ich einen sandi- gen, kleinen Weg benutzen - da konnte es einem schon mulmig werden - aber nach ca. 1 km war ich da: Camping Vaibla. Kurzum: der billigste Platz meiner Tour: 8 Kroni entspr. ca. 1 DM, aber mehr war er wohl auch nicht wert: Toiletten waren Loecher in der Erde, Duschen gab es nicht, heisses Wasser wurde auf einem Holzofen in der Sauna zubereitet. Baden im See ging auch nicht, da mir nach fast 100m im See das Wasser nur bis zu den Knien stand. Die Besitzer sprachen weder Englisch noch Deutsch. Ausser mir war nur noch ein junges Paar aus Tallinn dort, mit denen ich abends gemeinsam am Lager- feuer sass. Die Familie, denen der Campingplatz gehoerte, wollten mir wohl eine Freude machen: in einer der Holzhuetten machten sie Licht an, legten deutsche Kneipen-,Jecken- und Schlagermusik auf, tanzten dazu und krakeelten herum. Die beiden aus Tallinn sagten mir, dass die Besitzer es fuer mich machen wuerden und wohl darauf warteten, dass ich mitfeiere. Aber irgendwie gefiel es mir doch am Lagerfeuer besser. Am Morgen drauf war natuerlich noch niemand wach und ich machte mich gleich auf den Weg. Ohne richtiges Fruehstueck (2 Muesli-Riegel) und den 212 km vom Vortag in den Beinen ergoetzte ich mich nach etwa 30 km in Rongu an einem riesigen Stueck Sahnecremekuchen und an einem Liter Milch (dazu noch eine Flasche Cola und ein paar Kekse fuer zusammen etwa 2 DM). Hier im Sueden Estlands war es leicht huegelig. Kurz nach Mittag erreichte ich die geteilte Stadt Valga/Valka an der estnisch/lettischen Grenze. Ich ueberquerte die Grenze auf einer relativ kleinen Strasse mitten im Ort, die mit einer Schranke und reichlich Soldaten gesichert war. Die Esten stempelten wieder, die Letten wollten nicht. LETTLAND: Zunaechst wollte ich in Valka mein estnisches Geld in lettisches --------- Geld umtauschen. Die Bank wurde gerade renoviert und man musste ins Buero im ersten Stock durch eine Hintertuer, dazu musste ich also mein Rad alleine lassen. Aber auch hier wurde nichts geklaut. Derartige Bedenken braucht man wohl am helligten Tage in einer wohl- belebten Gegend im Baltikum nicht zu haben. Fuer meine 180 estnischen Kronen bekam ich ganze 6 lettische Lat. Statt die ausgezeichneten Preise durch 8 zu teilen, hiess es jetzt, sie mit 3 malzunehmen. In Valka gab es den zweiten Regenschauer meiner Tour, aber da ich eh gerade Rast machte, hat er mich nicht gestoert. Ueber Strenci fuhr ich durch ausgedehnte Nadelwalder nach Valmiera, einer Stadt, die fuer ihre Gehsportler bekannt ist. Etwa 30 km weiter lag der naechste Camping- platz am Unguri-See, der zwar keine Dusche, aber zumindest moderne Toi- letten und Waschbecken hatte - Baden konnte man hier im See. Hier traf ich Dawn und Jane aus England, die mit einer 14 Jahre alten Ente hier- hin gekommen waren. Aber sie hatten noch einiges vor sich, da sie noch nach St. Petersburg und nach Moskau wollten. Am naechsten Morgen stellte ich fest, dass an meiner Hinterradfelge ein Speichenloch am Ausreissen war. Dawn und Jane meinten, ich solle mir Cesis und Sigulda ansehen, aber aufgrund der kaputten Felge ent- schied ich mich fuer die direkte Route nach Riga. Auf dieser Strasse kam mir Rick aus Berkeley entgegen, mit dem ich erstmal ausgiebig plauderte. Er erzaehlte mir u.a. von Richard und Nicki, einem englischen Paar, die ebenfalls mit Fahrraedern unterwegs sind. Er hatte sie am Abend zuvor im Hotel in Riga getroffen. Und da das Baltikum so klein ist, war es kein Wunder, dass ich sie zwei spaeter einholte. 30 km vor Riga wurde die Strasse vierspurig und erinnerte stark an eine Autobahn. Da aber kein Fahrradverbotsschild zu sehen war, bin ich munter weitergeradelt. Auch einheimische Radler waren hier unterwegs. Nach Riga hinein wurde es ziemlich gefaehrlich, denn in Riga zierten tiefe Schlagloecher die Strassen und Unmengen von Trailerbussen (Elek- trobusse mit zwei langen als Elektroden dienenden Staeben am Heck) waren unterwegs. Die volle Konzentration wurde fuer diese zwei Gefah- ren, die beiden Seiten angriffen (vorne und hinten) benoetigt. Zum Orientieren musste ich jedesmal an die Seite fahren. Aber ich habe es heile bis ins Stadtzentrum geschafft. Verwundert haben mich die Renn- raeder, auf denen einige Geschickte oder Verrueckte durch den Verkehr huschten. Nach der obligatorischen Altstadtberadelung bin ich zu meiner Gast- familie geradelt. Das Fahrrad kam dort gleich mit in die kleine Wohnung. Am naechsten Morgen bin ich mit Liga mit der Tram in die Innenstadt gefahren, um eine neue Felge zu besorgen. In der Naehe vom Hauptbahnhof gibt es ein paar brauchbare Fahrradgeschaefte. Auf dem Weg dorthin haben wir eine deutsche Radreisegruppe getroffen (vielleicht waren es die sechs Leipziger, von denen mir Richard und Nicki spaeter erzaehlten). Eine Hohlkammerfelge konnte ich nicht bekommen, da habe ich dann eine Billigfelge genommen. Da mir noch nicht klar war, wie ich die Felge austauschen sollte (ich befuerchtete, den Zahnkranz abnehmen zu muessen und die neue Felge vollkommen neu einspeichen zu muessen), beschloss ich mit der alten Felge weiterzufahren und die neue Felge als Ersatz mitzunehmen. Ich hatte die Hoffnung, die alte Felge wuerde noch bis nach Hause halten (spaeter in Polen riss jedoch das zweite Spei- chenloch aus und wechselte dann dort die Felge). Nach einem weiteren Altstadtrundgang sind wir mit der Bahn nach Jurmala zum Strand an der Rigaer Bucht gefahren (25 km, 45 min eine Richtung und 0,5 Lat hin und zurueck fuer uns beide). Auch in Jurmala war schoenes Wetter, ein bischen windig vielleicht. Obwohl vom Baden in der Bucht abgeraten wird, schwammen einige Leute im Wasser (ach wenn ich doch die Badehose mit zum Strand genommen haette). In Jurmala gabs eine Promenade und das einzige von mir im Baltikum gesichtete Liegerad (Dreirad mit Frontlenkung). Am naechsten Morgen machte ich mich auf den Weg nach Litauen. Kurz hinter Iecava (30 km suedlich von Riga) traf ich Richard und Nicki (von denen mir Rick zwei Tage vorher erzaehlt hatte). Nicki hatte am Vortag einen Speichenbruch an ihrem Rad gehabt und da Richard fuer das Rad keinen passenden Zahnkranzabzieher dabeihatte, waren sie am Vortag von Iecava mit dem Bus zurueck nach Riga zum Reparieren gefahren. Sonst haette ich die beiden ueberhaupt nicht oder vielleicht erst in Polen getroffen (wie ich spaeter erfuhr, als sie mich in Bad Lippspringe be- suchten, 9-11.Sept.'94, haben sie in Polen fast die gleiche Route wie ich genommen). Es war nett mal mit anderen zusammen zu fahren. Bisher war ich ja nur mit Holger von Naantali nach Turku und mit Risto vier Stunden durch Helsinki geradelt. In Bauska, den letzten groesseren Ort im Sueden Lettlands machten wir Mittagspause. Dort kaufte ich 8 Stueckchen Kuchen fuer umgerechnet 80 Pfennig. Ca. 1 Stunde spaeter erreichten wir die Grenze bei Salociai: die Letten wollten wieder nicht stempeln, dafuer aber die Litauer. Die Geldwechselstuben waren zwischen den beiden Schranken im Niemandsland aufgestellt. Als wir durch beide Schranken durch waren, stellten wir fest, dass wir hier wohl kein Geld mehr tauschen koennen (Rick war es genauso ergangen und als er einfach zurueck zur Geld- wechseldstube ging, haben die Grenzposten ihm Geld fuer ein zusaetz- liches Visum abgeknoepft). LITAUEN: Zunaechst machten wir Bekanntschaft mit dem Seitenstreifen der zu -------- schmalen Hauptstrasse von der Grenze ueber Pasvalys nach Panevezys. Die litauischen LKW- und PKW-Fahrer sind hier ziemlich ruecksichts- los. Sie bleiben nicht hinter Radfahrern, wenn es Gegenverkehr gibt, nein, sie brettern ungebremst zwischendurch. Nur gut, dass der Seiten- streifen breit genug und einigermassen befestigt ist - zum dauernden Befahren ist er aber zu unangenehm. In Pasvalys haben wir entlang der Hauptstrasse keine Moeglichkeit zum Geldwechseln gefunden und so fuhren wir weiter nach Panevezys, wo wir gegen 20 Uhr eintrafen. Nach etwas Suchen fanden wir ein guenstiges Hotel (12 DM pro Person), wo wir das Rad auch mit auf das Zimmer nehmen konnten. Aber das Personal sprach weder Englisch noch Deutsch und deutsches Geld wollten sie nicht nehmen. Zum Glueck zeigte mir ein Ein- heimischer ein grosses Hotel, in dem wir unser Geld tauschen konnten. Spaetabends sind wir noch in eine Bar gegangen, wo es aber nur noch ein Gericht gab. Am naechsten Morgen kochten Richard und Nicki Porridge. Gut ge- staerkt verliessen wir Panevezys. Nach ca. 10 km trennten sich unsere Wege, da die Beiden auf dem kuerzerem Weg ueber Kaunas nach Polen wollten, waehrend ich mir noch Vilnius und Trakai anschauen wollte. Wir verredeten, uns am darauffolgenden Tag im Grenzort Lazdijai um 17 Uhr wiederzutreffen. Direkt hier begann eine Autobahn, die ich ohne Bedenken beradelte (in Riga ging es ja auch). Auch einige Polizei-Autos ueberholten mich dann und wann. Aber es schien hier wohl auch ueblich zu sein. Nach etwas ueber der Haelfte der 140 km bis Vilnius traf ich die naechsten Reiseradler. Diesmal handelte es sich um drei Weissrussen, die das Baltikum beradelten. Einer von ihnen hatte gerade eine Panne. Sie waren sehr erstaunt, dass ich allein radelte. Da sie sich weder helfen lassen, noch Schokolade mitessen wollten, habe ich mich kurzerhand wieder auf den Weg gemacht. Bis kurz vor Vilnius war die Strecke im Baltikum flach gewesen (mit Ausnahme von Viljandi-Vaibla) und da war ich ziemlich ueberrascht, dass es hier richtig huegelig wurde. Vilnius zeigte sich mir nicht gerade von der schoensten Seite. Es war ein abrupter Uebergang von landwirt- schaftlich genutzter Flaeche zu einer Trabantenstadt, einer Betonwand aus Hochhaeusern in desolatem Zustand. Die fuer baltische Hauptstaedte typischen tiefen Schlagloecher liessen nicht lange auf sich warten. Zum Stadtzentrum ging es einige Kilometer bergab und nach dem Ueber- queren der Neris (einem Zufluss des Nemunas -Memel) war ich im Zentrum. Dort umfuhr ich nichtsahnend in geschickter Weise die Altstadt, sodass ich von ihr kaum etwas sah. Am Bahnhof besorgte ich mir dann ein paar Postkarten und Briefmarken. Dann machte ich mich auf auf den Weg nach Trakai, einem mittelalter- lichen Schloss ca. 30 km westlich von Vilnius mit einem der wenigen litauischen Campingplaetze. Der Weg dorthin war nicht einfach zu finden (Trakai war halt nicht ausgeschildert), sodass ich eine andere Route benutzte, als ich eigentlich vor hatte (ueber Lentvaris). Und ich nehme an, diese war wesentlich anstrengender als die geplante. Waren die 140 km nach Vilnius noch mit wenig Kraftanstrenung verbunden, so wurde es auf diesen letzten 40 km noch richtig muehsam. Der Campingplatz entschaedigte mich dafuer mit der ersten heissen Dusche seit Tallinn. Ausserdem traf ich mal wieder einige Radler: vier Hamburger Studenten (die mit der Faehre gekommen waren und nur durch Litauen radelten) und Christian aus Kopenhagen (der zuhause gestartet war und noch nach Tallinn wollte). Der Platz war mit umgerechnet etwa 8 DM recht teuer, bot dafuer aber auch saubere Toiletten und wie gesagt eine heisse Dusche. Abends beim Essenkochen sassen wir noch lange ge- muetlich zusammen und tauschten unsere Erfahrungen aus. Am naechsten Morgen war es regnerisch. Kurz nach meiner Abfahrt setzte ein etwas staerkerer Dauerregen ein. Und es wurde verdammt huegelig. Aber das beide alleine ist ja halb so schlimm, wenn nicht zusaetzlich ein starker Westwind mit Windstaerken zwischen 4 und 6 geweht haette. Nach einer Stunde erwischte ich mich dann auch bei der Frage, warum ich diese Quaelerei ueberhaupt mache. Eine halbe Stunde spaeter kam ich in Aukstadvaris an, es hoerte auf zu regnen und ich konnte in einem Laden Verpflegung (trotz Sonntag) nachkaufen. Ausnahms- weise kaufte ich mal eine Getraenkedose (ich sollte Markus ja eine Dose aus dem Baltikum mitbringen - er sammelt die Dinger naemlich). Diese Diet-Cola-Dose kam aus Toronto, Kanada. Und sowas mitten in der litau- ischen Provinz. Hier habe ich meinen Plan aufgegeben, bis 17 Uhr Lazdijai zu errei- chen, um Richard und Nicki wiederzutreffen. Es waren noch ca. 100 km und es waren nur noch 5 Stunden. Dafuer traf ich eine Stunde spaeter Ryan. Er kam mir entgegen. Ryan (aus Seattle, Arzt) war mit einer amerikanischen Reisegruppe unterwegs. Sie waren in Petersburg gestartet und wollten bis nach Vilnius. Da es diesen Morgen auch in Kaunas stark geregnet hatte, hatten sich seine Mitreisenden entschieden, mit der Bahn von Kaunas nach Vilnius zu fahren. Ryan hatte am Abend vorher in Kaunas Nicki getroffen (wie klein die Welt hier doch ist). Und Ryan berichtete mir von dem tollen Rueckenwind an diesem Morgen, der ihn richtig die Berge hinaufschob. Schoen fuer ihn (Grrrr.) Nach weiteren 10 km erreichte ich den Abzweig gen Sueden. Ab hier hatte ich statt Gegenwind jetzt starken Seitenwind. Aber ich war zu geschwaecht, um es an diesen Tag ohne Ueberanstrengung nach Lazdijai zu schaffen. So entschied ich mich, in Alytus zu uebernachten. Als ich dort ankam, schaute ich in meinen Reisefuehrer nach einem Hotel und musste feststellen, dass ich gerade direkt vor einem Hotel stand. Fuer wiederum 12 DM kam ich unter. Das Fahrrad konnte ich hier in der Ein- gangshalle an einem Gelaender abschliessen. Der weitere Weg zur Grenze erwies sich als ausgesprochen huegelig und ich fuehlte mich in meiner Entscheidung vom Vortag, in Alytus zu uebernachten, bestaetigt. Gegen 12 Uhr erreichte ich die Grenze. Hier konnte ich mich einmal richtig an der litauischen Buerokratie ergoe- tzen: vom ersten Zoellner erhielt ich einen Zettel, der nur in Litau- isch bedruckt war, auf dem ich was Ausfuellen sollte. Nach 2 Minuten dumm rumstehen, nahm er ihn mir wieder aus der Hand, schrieb zwei Einsen drauf und stempelte ihn und schickte mich zur Schranke. Dort erhielt der Zettel den zweiten Stempel. An der naechsten Schranke Stem- pel drei und vier, an der naechsten Station Stempel fuenf und sechs. An der letzten Schranke wurde ich ueberrascht: anstatt weitere Stempel auf das kleine Zettelchen zu hauen, zaehlte der dortige Zoellner eifrig die Stempel und liess mich dann passieren. So beschaeftigt man acht Leute. Nun kam die polnische Seite: ein freundliches, deutsches "Guten Morgen und gute Fahrt" und nicht mal ein Blick in den Reisepass wollten sie werfen.
POLEN: Auf der polnischen Seite der Grenze kam mir ein deutscher Radler ent- ------ gegen, den ich fragte, ob er einem radelnden Paar (naemlich Richard und Nicki) begegnet waere. Als er daraufhin erwiderte, dass ihm gerade vor 2 km ein Paar entgegengekommen war, habe ich versucht sie einzuholen. Aber bis zur Stadtgrenze des naechsten Ortes Sejny gelang mir das nicht. In Sejny sah ich dann zwei bepackte Raeder vor einer Bar stehen und wusste gleich, dass es nicht Richard und Nicki waren. Es waren Maria und Uwe aus Berlin, die ein bischen durch Litauen und Masuren tourten. Da ich aufgrund der zusaetzlichen Stunde durch den Grenzueber- tritt frueh dran war, blieb ich noch laenger in der Bar. Wie ich erst Wochen spaeter erfuhr, waren Richard und Nicki nur einige Hundert Meter entfernt in einem Hotel. Gegen 15 Uhr machte ich mich auf den Weg nach Augustow, der durch die Augustower Puszta fuehrte. Das ging etwa 35 km durch den Wald und war ziemlich flach und liess sich daher sehr gut beradeln. Kurz vor 18 Uhr erreichte ich Augustow. Da gerade Feiertag war, hatten nur wenige Geschaefte geoeffnet - insbesondere keine Banken. Zum Glueck hatte ich an der Grenze schon etwas Geld getauscht. Dann fuhr ich zum Campingplatz, der etwas noerdlich an der Strasse nach Suwalki liegt. Dieser gehoert zum Hotel Hettmann und warme Duschen konnte man im Hotel benutzen. Dort traf ich Carola und Klemens aus Berlin, die bereits seit zwei Wochen durch Masuren radelten. Lustig war auch der Platzwart, mit dem ich mich auf Spanisch verstaendigen konnte. Hier machte ich auch Bekanntschaft mit polnischer Pizza: weiches Weissbrot, belegt mit Pilzen aus der Dose, mit ein paar Fitzelchen Kaese garniert, mit Ketchup aus der Plastikflasche und gebacken in der Mikrowelle. Junkfood at its best. Fuer den naechsten Tag hatte ich mir Mragowo als Ziel gesetzt. In Augustow wollte ich jedoch zunaechst noch einen Reisecheque einwech- seln. Dazu schickte man mich von einer Bank zur anderen, nichtmal die PKO wollten die - aber zuguterletzt schickte man mich zu Orbis, wo es problemlos ging. Auf halber Strecke nach Elk traf ich zwei Berlinerinnen (Claudia und Colette), die den Nachtzug von Stettin nach Elk genommen hatten (nur DM 60) und nach Litauen wollten. Auch Masuren erwies sich als recht huegelig. Wie sollte es denn auch anders sein, wenn es so viele Seen gibt, die nicht abfliessen koennen ? So war ich abends recht frueh k.o. und entschied bereits in Mikolajki zu uebernachten. In Masuren waren sehr viele deutsche Touristen - vor allen Dingen Wessis und viele aeltere Menschen. Es waren stellenweise soviele, dass auf den Strassen mehr Autos mit deutschen als mit polnischen Kennzeichen unterwegs waren. So war auch Mikolajki ein richtiges Touristenzentrum. Die Geschaefte sind teilweise nur in Deutsch beschriftet (Silberschmuck, Bernstein) - das erinnerte mich Rothenburg, wo japanische Schriftzuege die Schau- fenster zieren. In Mikolajki traf ich Katharina und Reinhold, zwei bahnreisende Geschichtstudenten aus Hannover, neben deren Zelt ich dann meines aufschlug. Abends spielten wir noch 2 Runden Billard, dann ging ich hundemuede ins Bett. Von Mikolajki aus wollte ich meinen Rueckstand wieder aufholen und visierte Ilawa an, aber mir kam wieder etwas in die Quere. Aber der Reihe nach: erstmal Mragowo, eine kleine Industriestadt scheint mir -- hier fuhren die Touris nur durch - ebenso wie der Bus aus Bad Lipp- springe, meinem Wohnort, der mich hier ueberholte. Nachmittags erreichte ich Olsztyn, das eine schoene Altstadt besitzt. Als ich dort in einem Cafe meinen Tortenappetit abbauen wollte, fand ich keinen freien Tisch. Dann fragte ich zwei Maedchen, auf deren Tisch ein deutschsprachiger Reisefuehrer lag. Als ich sagte, ich komme aus Paderborn mussten die beiden lachen, denn eine von den beiden kam ebenfalls aus Paderborn. Sie studierte jedoch (mit der anderen) Medizin in Muenster. Als ich wieder losfahren wollte, untersuchte ich mein Hinterrad. Es hatte sich auf dem Kopfsteinpflaster in Olsztyn etwas komisch verhal- ten. Da entdeckte ich, dass das zweite Speichenloch an der Felge auszu- reissen begann. Nach reiflicher Ueberlegung kam ich zu dem Schluss nur noch etwa 30 km bis Ostroda zu radeln und dort abends waehrend der ein- gesparten Zeit, die Felge zu wechseln. Ich hatte ja die Ersatzfelge aus Riga noch dabei. Unterwegs traf ich mal wieder zwei Berliner Radler (scheinbar kommen alle Radler in Masuren aus Berlin, dies waren ja jetzt Nummer 7 und 8), die in Berlin zwei Wochen zuvor aufgebrochen waren. In Ostroda auf dem Campingplatz traf ich Imke und Donate aus Hannover, die bereits seit zwei Tagen dort waren. Sie waren mit der Bahn hier angekommen und gleich in der ersten Nacht wurde ihnen eins ihrer beiden Raeder gestohlen (natuerlich dasjenige, das nur mit einem Drahtseilschloss gesichert war). Daher bestanden die Platzbesitzer jetzt darauf, dass die Rader abends eingeschlossen werden. Waehrend ich die Felge umspeichte, leisteten Imke und Donate mir Gesellschaft und schmissen sogar meinen Kocher in Gang. Das Umspeichen klappte bis zum Dunkelwerden, das Zentrieren verlegte ich auf den naechsten Morgen. An diesem Morgen wollte es nicht aufhoeren zu regnen, wie den ganzen Tag nicht. So kam es, dass ich an diesem Tag wieder nicht mein gestecktes Ziel (Swiecie an der Weichsel) erreichen konnte. Dazu kam, dass die Strasse von Ostroda nach Ilawa gesperrt war und ich der Umlei- tung nach Lubawa folgte. Nach drei Stunden Regenradelei auf einer nicht allzubreiten vielbefahrenen Strasse habe ich dort in einer Tankstelle pausiert und mir ueberlegt, wie weit ich es wohl noch schaffe. Mein urspruengliches Tagelsziel war noch etwa 60 km weit weg. Aber aufgrund der Besorgnis, dass ich auskuehle und mich gar erkaelte, entschloss ich mich statt in westlicher Richtung gen Suedwesten nach Brodnica zu radeln, das nur noch 30 km entfernt war. Da dort der Campingplatz leer war, ausser einem Hund vor der Wohnung des Platzwartes schien niemand anwesend zu sein, nahm ich mir ein Zimmer in einem Hotel und machte mir einen gemuetlichen langen Abend. Am naechsten Tag konnte ich endlich mal wieder mein gestecktes Tagesziel erreichen. Ueber die beiden grossen Staedte Torun und Bydgoszcz ging es nach Naklo nad Notecia. Auf den vielbefahrenen Strassen machte das Radeln nicht besonders viel Spass, aber Toruns Altstadt war sehenswert. Von Torun aus ging es nach ca. 30 km ueber die Wisla, die Weichsel, ueber eine Bruecke, die gleichzeitig als Eisenbahnbruecke diente. Bydgoszcz war industrieller und die Fussgaengerzone war laengst nicht so gross wie in Torun. Zwei Stunden spaeter war ich in Naklo, wo mir eine freundliche Lebensmittelverkaeuferin eine nette kleine Privat- pension etwa 2 km noerdlich vom Zentrum empfahl. Wie ich spaeter von Richard und Nicki hoerte, uebernachteten sie hier im Bahnhofshotel. Von Naklo folgte ich der Notec fuer ueber 100 km. Hier war es sehr laendlich: viele Wald- und Feuchtgebiete. Auf den Strassen wimmelte es streckenweise von Froeschen. Kein Wunder, dass es hier so viele Stoerche gibt. Durch kleinere Staedte wie Chodziez, Czarnkow und Wielen kam ich nach Krzyz, wo mich mein preiswertester Campingplatz erwartete. Fuer nur 25.000 Zloty (ca. 1,80 DM) gab es hier sogar eine heisse Dusche. Von Krzyz folgte ich weiter der Notec, die dann kurz vor Gorzow in die Warta muendete. Gorzow erwies sich fuer mich als die Stadt mit dem schlechtesten Strassenbelag auf der ganzen Tour. Es kam mir noch schlimmer vor als Riga oder Vilnius. Nach etwa 100 km erreichte ich Kostrzyn und war kurz danach nach 31 Tagen wieder in Deutschland.
BRANDENBURG und BERLIN: Nachmittags gegen 17 Uhr kam ich ueber die Oderbruecke ----------------------- von Kostrzyn nach Kietz. Ich folgte der B1 bis nach Seelow und bog dort ab gen Sueden zur Lebuser Hoch- flaeche. Nach ca.20 km erreichte ich gegen 21 Uhr den Campingplatz am Petersdorfer See. Da kein Platzwart auffindbar war, schlug ich mein Zelt neben dem eines Studentenpaars aus Leipzig auf. Leider gab es hier kein Warmwasser und keine Dusche - ach wie gut waren da doch die polni- schen Campingplaetze ausgestattet. Nachdem auch am naechsten Morgen kein Platzwart zu finden war, machte ich mich auf den Weg nach Berlin. Ich fuhr auf dem direkten Weg zum Oder-Spree-Kanal und wollte dort dem auf der BVA-Karte eingezeich- neten Radweg an der Suedseite des Kanals bzw. der Spree nach Fuersten- walde folgen. Aber da ich hatte keine Lust auf eine Schwimmeinlage am Abzweig des Kanals von der Spree hatte, war es mir nicht moeglich dieser Strecke zu folgen. So verschlug es mich nach Drahendorf. Von dort wollte ich den direkten Weg nach Fuerstenwalde ueber Langewahl nehmen. Dazu musste ich mein Rad samt Gepaeck durch ein etwa 6 km langes Sandloch schieben - BVA-Karte sei Dank ! Voellig entkraeftigt erreichte ich Fuerstenwalde und genehmigte mir dort in einem schoenem Cafe erstmal Pellkartoffeln mit Quark und als Nachtisch zur Aufmunte- rung noch ein Stueck Torte. Ab hier versuchte ich in den FNL nur noch den eindeutig als geteert markierten Strassen zu folgen. Von Fuerstenwalde ging es ueber Hangelsberg, Fangschleuse, Erkner, Neu-Zittau, Gosen und Schmockwitz nach Gruenau am Berliner Stadtrand am Langen See, wo ich zur Auffri- schung einen Eisbecher verzehrte. Ueber Adlershof und am Teltower Kanal entlang gelangte ich nach Kreuzberg hinein, wo ich mich nach etlichen Wochen wieder an einer Falafel erfreuen konnte. Da ich die naechste Nacht bei Klemens in Wedding uebernachten wollte, den ich in Augustow in Masuren getroffen hatte, fuhr ich erstmal mitten durch die ehemals geteilte Stadt. Hier war inzwischen so viel gebaut worden, dass ich es nicht merkte, als ich vom ehemaligen Ost- in den Westteil (und anders herum) kam. Leider war Klemens nicht zuhause. Ich hatte ihm wohl gesagt, dass ich einen Tag frueher kaeme und hatte dies nicht mehr Recht in Erinne- rung behalten. Gluecklicherweise erwischte ich aber Hajo telefonisch und er bot mir einen Schlafplatz bei sich in Moabit an, das ja auch nur 2 km entfernt war. Am folgenden Tag war ich auf Sightseeing-Tour: Reichstag, Branden- burger Tor, Unter den Linden, Alexanderplatz, Siegessaeule, Tiergarten, Schloss Bellevue und Charlottenburg. Dort habe ich mir in einem indi- schen Imbiss noch den Magen vollgeschlagen, bevor ich zum Bernd nach Spandau geradlet bin, der mich in Helsinki eingeladen hatte, auf dem Rueckweg bei ihm vorbeizuschauen. Am naechsten Morgen fuhr ich an der B5 aus Berlin heraus, am Olympi- schen Dorf vorbei nach Nauen. Kurz dahinter in Selbelang verliess ich die B5, um eine der alten zweispurigen Betonpisten zu testen. Aber diese war nur 2 km lang. Ueber die kleinen Doerfer Retzow, Moethlow, Liepe, Damme, und Nennhausen fuhr ich auf Rathenow zu. Doch im Wald kurz vor Rathenow erlitt ich den dritten Platten dieser Tour. Ich habe daraufhin nochmal aufgepumpt und das hat bis ins Stadtzentrum gehalten. Dort habe ich mich in einem Cafe erstmal vor der Arbeit mit Reibekuchen und anschliessend einem Stueck Torte gestaerkt. Daraufhin klappte der Schlauchwechsel auch innerhalb von 30 Minuten. SACHSEN-ANHALT: Von Rathenow nach Tangermuende folgte ich der B188. Zunaechst --------------- ging es durch das Waldstueck Land Schollene und dann an einer km-langen Reihe Apfelbaeume zur Elbebruecke vor Tanger- muende. Dies ist ein schoenes kleines Staedtchen mit gut erhaltenen mittelalterlichen Stadtkern. 15 km weiter in Luederitz hatte ich Glueck um 5 Minuten vor 18 Uhr noch einen Lebensmittelladen zu finden, denn hier schliessen die Laeden bereits um 18 Uhr. In Uchtspringe kam ich wieder auf die B188 und folgte dieser wieder, ueber Gardelegen nach Solpke. Hier musste ich noch einer Umleitung folgen, da aufgrund des Baus der neuen Bahnlinie nach Berlin die direkte Verbindung von Weteritz nach Jerchel unpassier- bar war. So ging es ueber Solpke nach Jerchel und weiter ueber Jeseritz und Berenbrock nach Calvoerde. Dort ueberquerte ich den Mittellandkanal. Es war 21 Uhr und bereits dunkel und ich wollte noch zum 8 km entfernten Campingplatz in Flechtingen. Als ich dort schliess- lich ankam, sagte mir der erste, den ich nach dem Campingplatz fragte, dass es den nicht mehr gebe. Welch eine Freude nach 180 km Fahrt samt eines Schlauchwechsels ! Ich liess mir erklaeren, wie ich zu dem Zelt- platz kam und fuhr dorthin. Dort war noch ein Kiosk des Besitzers ge- oeffnet. Meine Frage, ob ich nicht ausnahmsweise dort uebernachten koenne, wurde verneint. Wenn ueberhaupt, dann muesste ich schon den Buergermeister fragen. So kam es denn, dass um 22 Uhr beim Buerger- meister ein mueder Radler klingelte. Seine Frau oeffnete die Tuer, ich erzaehlte ihr mein Leid und sie rief dann nach hinten "Karl, da ist schon wieder so'n Radfahrer, der hier zelten will", worauf als Antwort "Ja, lass ihn mal" kam. So hatte ich dann doch noch eine Bleibe gefun- den. Freundlicherweise schloss mir der Zeltplatzbesitzer noch die sanitaeren Anlagen auf, so dass ich wenigstens kalt duschen konnte (an Warmwasser war ja hier nicht zu denken). Am naechsten Morgen ging es ueber den Flechtinger Hoehenzug nach Behnsdorf, wo mir in der dortigen Baeckerei die Baeckersfrau erzaehlte, dass diesen Sommer sehr viele Radler durch diesen Ort gekommen seien. Weiter ueber Weferling ging es ueber die ehemalige innerdeutsche Grenze nach Grasleben. NIEDERSACHSEN: 30 km weiter in Braunschweig goennte ich mir im Spaghetti- -------------- Palast Fettucine und nebenan im Cafe mal wieder ein Stueck Torte. Als ich dann mein Rad durch die Innenstadt schob, begann es wie aus Kuebeln zu schuetten und es wollte nicht aufhoeren. So ent- schied ich mich nach einer halben Stunde zusehen zum Weiterfahren. In Velchede klaerte ich meine Uebernachtungsmoeglichkeit in Hannover ab. Die naechsten 50 km und drei Stunden ging es dann im Regen nach Hannover, das mich mit einem Regenbogen erwartete. Nach etwas Suchen habe ich dann auch zum Martin gefunden. Der naechste Morgen war der letzte der Tour. Nach 20 km fuhr ich bei Eldagsen auf den kleinen Deister zu. Hier traf ich noch einen weiteren Radler. Er kam aus Gera und war vier Monate lang durch Westeuropa gera- delt und hatte eine deutlich laengere Strecke zurueckgelegt. Er erzaehlte von der tollen Stimmung in den irischen Pubs und vom Schnee, der selbst im Hochsommer auf der Nordseite der Berge an der schotti- schen Kueste liegt. Auf der Ueberquerung des Deister kamen mir noch zwei alleinreisende bepackte Radler entgegen, das scheint hier eine Hauptverbindung fuer Reiseradler zu sein. Ueber Coppenbruegge und Afferde erreichte ich in Hagenohsen die Weser und folgte nun der Emmer ueber Bad Pyrmont nach Schieder zum Emmersee, wo die MS Lipperland von einem Kapitaen mit Drehwurm gesteuert wurde. Ueber Woebbel, Billerbeck und Vahlhausen fuhr ich auf Horn-Bad Meinberg zu. Den Teutoburger Wald durchquerte ich im Baerental. Schliesslich erreichte ich ueber Kohlstaedt, Schlangen den Endpunkt meiner Tour: Bad Lippspringe. Resumee: Oefter machen !